In den 1990er Jahren schien die Privatisierung des Vollzuges in vielen Ländern kaum mehr aufzuhalten. Nach Amerika drängten überall Profitjäger in dieses hoheitliche Aufgabenfeld. Hier konnte, so schien es, ohne unternehmerisches Risiko recht viel Geld verdient werden. Nachdem sich die Schattenseiten dieser Entwicklung zwischenzeitlich offenbart haben, befinden sich die privaten Gefängnisbetreiber in der Defensive. Der neue US-Präsident Joe Biden will die Nutzung privat betriebener Gefängnisse jetzt noch weiter zurückdrängen.

Der Präsident hat im Weißen Haus ein Dekret unterzeichnet, wonach auslaufende Verträge mit privaten Gefängnisbetreibern für Bundeshäftlinge nicht mehr verlängert werden.

Bidens innenpolitische Beraterin Susan Rice sagte gegenüber Medienvertretern, der Präsident wolle „Masseninhaftierung reduzieren“ und das Land zugleich sicherer machen. Ein wesentliches Element zur Erreichung dieses Zieles sei es, „die Abhängigkeit der Bundesregierung von Privatgefängnissen zu beenden.“ Privatgefängnisse würden Profit aus Häftlingen ziehen und seien für Häftlinge und Bedienstete weniger sicher.

Der Präsident hat zudem Reformen des Justizsystems versprochen. So solle der Kampf gegen die Diskriminierung von Afroamerikanern und anderen Minderheiten intensiviert werden, die überproportional häufig die amerikanischen Gefängnisse bevölkerten.

Das Schließen von Privatgefängnissen komme allerdings nur begrenzte Wirkung zu. Nach den Zahlen des US-Justizministeriums saßen 2019 lediglich 116.000 von mehr als zwei Millionen Häftlingen in privat betriebenen Haftanstalten ein. Bei Häftlingen auf Ebene der Bundesstaaten betrug der Anteil sieben Prozent, bei Häftlingen auf Bundesebene 16 Prozent.

Bereits der frühere Präsident Barack Obama hatte zum Ende seiner Amtszeit eine Abkehr von der Privatisierung eingeleitet. Diese Entwicklung wurde jedoch von seinem Nachfolger Donald Trump gestoppt und rückgängig gemacht. Bidens Versprechen von Reformen bei Justiz, Polizei und Strafvollzug ist dem Vernehmen nach auch eine Reaktion auf die Black-Lives-Matter-Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt, die im abgelaufenen Jahr eine neue Dimension erreichte und auch nach Deutschland ausstrahlte.

BSBD-Chef Ulrich Biermann kommentierte diese überaus erfreuliche Entwicklung mit dem Hinweis darauf, dass sich die Politik auch hierzulande dazu durchringen solle, die bei uns noch vorhandenen Teilprivatisierungen auf den Prüfstand zu stellen und möglichst zeitnah zu verfassungsrechtlich unproblematischen Verhältnissen zurückzufinden.

In Nordrhein-Westfalen, so Biermann, werde in dieser Hinsicht ein sehr guter Weg beschritten. Man denke allein daran, dass die Ausbildung der Gefangenen wieder in das Aufgabenspektrum des Werkdienstes zurückgeführt worden sei. Insofern gebühre Justizminister Peter Biesenbach (CDU) ein besonderer Dank, weil er sich von unseren Argumenten habe überzeugen lassen. In anderen Bundesländern gäbe es nach Aussage des Gewerkschaftsvorsitzenden allerdings noch akuten Handlungsbedarf.

Friedhelm Sanker

Symbolfoto: Jeffrey Zalesny/stock.adobe.com

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Von BSBD NRW

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