Geplante Streichung der Haushaltsmittel im Bereich der freien Straffälligenhilfe lässt Rückschritte bei Wiedereingliederungsmaßnahmen in nordrheinwestfälischen Vollzugseinrichtungen befürchten.

Der Rehabilitierung und Resozialisierung von Personen wird in unserem Rechtsstaat eine besondere Bedeutung zugesprochen. Im Strafvollzugsgesetz ist festgelegt, dass Inhaftierte im Vollzug der Freiheitsstrafe befähigt werden sollen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.

Um das Ziel des Freiheitsentzuges erreichen zu können, sind geeignete Behandlungsmaßnahmen maßgeblich und vorzusehen. Dazu heißt es in § 3 des Strafvollzugsgesetz wie folgt:

„§ 3 Behandlungsvollzug

(1) Grundlage der Erreichung des Vollzugsziels ist die Behandlung der Gefangenen. Die Behandlungsmaßnahmen sind auf die Fähigkeiten und die Entwicklung der einzelnen Gefangenen während der Haft auszurichten. Die Behandlung und die ihr zugrunde liegende Diagnostik haben wissenschaftlichen Erkenntnissen zu genügen. Die angebotenen und durchgeführten Maßnahmen und ihre Ergebnisse sind zu dokumentieren.

(2) Die Behandlung berücksichtigt den individuellen Förderbedarf der Gefangenen und umfasst namentlich Maßnahmen zum Erwerb sozialer Kompetenzen, therapeutische Angebote, schulische Förderung, die Vermittlung beruflicher Fähigkeiten und Qualifikationen, Motivations- und Beratungsangebote für Suchtkranke sowie Schuldnerberatung.

(3) Den Gefangenen soll ermöglicht werden, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen sowie therapeutische und suchtbezogene Maßnahmen während des Vollzuges der Freiheitsstrafe abzuschließen oder nach der Entlassung fortzusetzen. Geeignete Fördermaßnahmen öffentlicher Stellen, freier Träger sowie anderer Organisationen und Personen außerhalb des Vollzuges sind frühzeitig in die Vollzugsplanung und die Behandlung einzubeziehen.“

vielfältige Behandlungsmaßnahmen werden vorgehalten

Um das Vollzugsziel zu erreichen, hält der Vollzug vielfältige interne Behandlungsmaßnahmen in Einzel- sowie Gruppensettings bereit, die zur Verbesserung von Sozial- und Legalprognosen führen und so die Chancen der Inhaftierten auf ein straffreies Leben nach Entlassung erhöhen.

Der gesetzlich verankerte Resozialisierungsauftrag bedeutet aber nicht nur für alle im Strafvollzug wirkenden Kräfte eine große Herausforderung, sondern braucht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe auch externe Unterstützung.

Da kriminologische Studien zeigen, dass Rückfälle in kriminelle Verhaltensmuster meist in der ersten Zeit nach Haftentlassung zu erwarten stehen, sind Maßnahmen notwendig, die eine Sicherung der Ergebnisse von vollzuglichen Maßnahmen in der Zeit nach Haftentlassung sichern, damit künftige Opfer vermieden werden können.

Folgerichtig wurde vonseiten der politischen Entscheidungsträger daher vor drei Jahren das strukturierte Übergangsmanagement installiert, um eine effektive Vernetzung zwischen Strukturen innerhalb und außerhalb des Justizvollzuges zu fördern.

Gelingendes Übergangsmanagement ist ein Beitrag zum Opferschutz!

Definiert ist das Übergangsmanagement im Justizvollzug per RV des Ministeriums der Justiz vom 12.04.2021 wie folgt:

„Das Übergangsmanagement ist eine organisationsübergreifende Schaffung von Förderketten zur Wiedereingliederung von (ehemaligen) Gefangenen, Untergebrachten, Arrestantinnen und Arrestanten, die in enger Kooperation zwischen Justizbehörden, Einrichtungen der Straffälligenhilfe und kompetenten Dritten innerhalb und außerhalb der Justizvollzugseinrichtungen erfolgt.“

Das strukturierte Übergangsmanagement ist also abhängig von der Kooperation und Kommunikation zwischen dem Justizvollzug und allen an Resozialisierungsprozessen beteiligten Akteuren, wie beispielsweise Trägern der freien Straffälligenhilfe.

Wenn Resozialisierungsmaßnahmen nicht an den Gefängnismauern enden sollen, braucht es eine funktionierende freie Straffälligenhilfe!

freie Träger unterstüzten bei der Resozialisierung

Durch vielfältige Unterstützungsangebote trägt die freie Straffälligenhilfe wesentlich dazu bei, Ergebnisse vollzuglicher Maßnahmen zu sichern, Übergänge zu erleichtern und Wiedereingliederungschancen zu verbessern.

Träger der freien Straffälligenhilfe bieten beispielweise Beratungsstellen für Inhaftierte und ihre Angehörige, Wohnangebote für Haftentlassene, ambulante therapeutische Maßnahmen im Bereich der Sexualdelinquenz, aber auch Projekte zur Haftvermeidung und zum Täter-Opfer-Ausgleich. Sie fungieren als Bindeglied zwischen dem Leben in Haft und dem Leben in Freiheit und tragen dazu bei, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Haftentlassenen zu verbessern. Hilfen bei der Suche nach geeigneten Unterkünften sind vor dem Hintergrund der allgemeinen Verknappung von Wohnraum von besonderer Bedeutung.

Die beabsichtigten Kürzungen der Haushaltsmittel für den Bereich der freien Straffälligenhilfe belaufen sich auf 68,51 %, was in Summe etwa 2 Millionen Euro entspricht.

Viele Träger der freien Straffälligenhilfe haben bereits von erheblichen Kürzungen öffentlicher Zuschüsse berichtet, was dazu führt, dass einige Projekte Angebote einschränken oder gänzlich einstellen.

Der BSBD NRW unterstützt die berechtigten Einwände der Landesarbeitsgemeinschaft Gehobener Sozialdienst im Justizvollzug Nordrhein-Westfalen e.V. (LAG) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. (BAG-S) gegen die beabsichtigten Sparmaßnahmen.

Ein offener Brief der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. (BAG-S) an Justizminister Dr. Limbach ist unter folgendem Link zu lesen:

offener Brief

Autorin: Eva Lehmann (stellvertretende Landesleitung BSBD NRW)

zum Weiterlesen bitte hier klicken: https://www.bsbd.nrw/aktuelles/news/resozialisierungserfolge-in-gefahr/

Von BSBD NRW

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