Heute hat das Bundesverfassungsgericht mündlich darüber verhandelt, ob Beamte, die keine Aufgaben im engen Kernbereich der Hoheitsverwaltung wahrnehmen, künftig zur Arbeitsniederlegung im Rahmen eines Arbeitskampfes berechtigt sind. Ausgelöst wurde das Verfahren durch die Verfassungsbeschwerden von vier beamteten Lehrern, die sich an einem Warnstreik beteiligt hatten und dafür disziplinarisch belangt worden waren.

Das Bundesverwaltungsgericht, das sich zuvor mit diesen Verfahren zu befassen hatte, sah einen Widerspruch zwischen europäischem und deutschem Recht, so dass nunmehr das Verfassungsgericht für Klarheit sorgen soll.

Die rechtlichen Grundlagen sind in der Tat nicht ganz eindeutig. Nach Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gilt das Streikverbot nur für Beamte im Kernbereich der Hoheitsverwaltung. Dies betrifft beispielsweise Polizei, Militär und Justizvollzug. Allen anderen Beamten räumt das europäische Recht die Möglichkeit ein, ihre Arbeitnehmerrechte mit dem Mittel des Streiks durchzusetzen. Die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatten dies auch in zwei Urteilen ausdrücklich bestätigt.

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle betonte zu Beginn der Verhandlung, dass von dem Ausgang des Verfahrens eine „erhebliche Breitenwirkung“ ausgehen könne. Es sei vielleicht übertrieben, dass im vorliegenden Verfahren über die Zukunft des Berufsbeamtentums entschieden werde, sagte der Präsident. Der Entscheidung werde allerdings erhebliche Bedeutung für die Fortentwicklung des Berufsbeamtentums beizumessen sein. Ein Urteil wird wegen der Komplexität der Rechtsmaterie erst in einigen Monaten erwarten sein.

Die Rechtsauffassung des DBB erläuterte dessen Verfahrensbevollmächtigter Prof. Dr. Matthias Pechstein. Er vertrat die Auffassung, dass es „ein bisschen Streikrecht bei ansonsten unveränderten Rechten und Pflichten nicht geben kann“. Das besondere Beschäftigungsverhältnis der Beamten zeichne sich nicht nur, aber ganz wesentlich durch die Streikfreiheit aus. Falle der Pfeiler dieses besonderen Konstruktes, gerate das austarierte System von Rechten und Pflichten ins Wanken. Alimentation, Lebenszeitprinzip und Fürsorgepflicht stünden hier dem Streikverbot gegenüber.

Prof. Dr. Pechstein erörterte mit dem Gericht zudem die Frage, gegen wen und für was ein Beamtenstreik gerichtet sei. Streikgegner wäre der Gesetzgeber, Streikziel wäre die Änderung des Besoldungsgesetzes. „Das Parlament durch einen Streik zum Erlass eines Gesetzes zu zwingen, ist mit dem freien Mandat der Abgeordneten nicht zu vereinbaren“, machte Prof. Dr. Pechstein deutlich.

Zur generellen Anwendbarkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention und Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auf die Ausgestaltung des deutschen Beamtenstatus stellte Prof. Dr. Pechstein für den DBB klar, dass es weder eine völker- noch eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit für die Einführung eines Streikrechts für die Beamtinnen und Beamten in der Bundesrepublik gebe. „Wir sind bei diesem Thema mitten im Herzen der Staatsverwaltung und -organisation, verankert im Grundgesetz, und in dem Fall hat“, so Prof. Dr. Pechstein, „die Verfassung das letzte Wort“. Auch der Bundesinnenminister und die Vertreter der Bundesländer unterstützten diese Rechtsauffassung.

In Düsseldorf nahm auch der BSBD-Chef Peter Brock zu diesem Verfahren Stellung. Er betonte, dass von dem Verfahren zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigten des Vollzuges zu erwarten seien, aber doch beachtet werden müsse, dass der öffentliche Dienst, werde auch den Beamten das Streikrecht zuerkannt, personell erheblich aufgestockt werden müsse, um den Staat dauerhaft handlungsfähig zu machen. „In der Bundesrepublik arbeiten lediglich elf Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Damit liegt Deutschland an 27. Stelle aller OECD-Länder und leistet sich einen nur kleinen öffentlichen Dienst. In Norwegen beispielsweise umfasst die öffentliche Verwaltung 30 Prozent aller Arbeitsplätze des Landes. Das macht die Dimension deutlich, die der Ausgang des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht haben könnte“, stellte Peter Brock fest.

Friedhelm Sanker

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Von BSBD NRW

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