Dienstkleidung und Uniform prägen das Bild des Bediensteten im allgemeinen Vollzugsdienst. Die Ursprünge gehen zurück bis ins Kaiserreich. Die gegenwärtige Erscheinungsform der Dienstkleidung sowie deren Beschaffung und Bevorratung weist allerdings kaum wesentliche Verbesserungen auf. Man darf sie getrost als anachronistisch bezeichnen. Noch immer wird die Dienstkleidung nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Noch immer müssen die Kolleginnen und Kollegen die Kleidungsstücke bei einem Vertragshändler erwerben und dafür den sogenannten Dienstkleidungszuschuss verwenden. Dieses Verfahren hält zahlreiche Tücken bereit, die einer grundlegenden Weiterentwicklung des Systems bislang im Wege stehen.

Ganz anders sieht es beim Vollzugsdienst der Polizei aus. In diesem Bereich wird seit langer Zeit eine Kleiderkammer unterhalten. Die Dienstkleidung und deren Einzelstücke werden zentral ausgeschrieben und beschafft. Eine regelmäßige Überprüfung der Lieferungen gewährleistet einen hohen Qualitätsstandard. Eine eigens vom Land NRW eingestellte Bekleidungstechnikerin prüft jede Charge und veranlasst regelmäßig stichprobenartige Laboranalysen, um eine stets gleiche Materialzusammensetzung sicherzustellen.

Beschaffungsverfahren mit Konstruktionsfehlern

Ganz anders ist der Justizvollzug aufgestellt. Hier dient eine Dienstkleidungsvorschrift als Grundlage für die Beschaffung der Dienstkleidung, die zwar an die Verhältnisse der Polizei angelehnt ist, diesen jedoch nicht gänzlich entsprechen darf. Der Dienstkleidungszuschuss ist in den letzten Jahren auf monatlich 35 Euro erhöht worden. Dieser Umstand kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Beschaffungsverfahren arge Konstruktionsfehler aufweist und teilweise erhebliche Nachteile im Gepäck hat.

Von neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird vielfach erwartet, dass sie vom ersten Arbeitstag an Dienstkleidung tragen. Dies erfordert zwingend eine beachtliche finanzielle Investition, um die Dienstkleidung zu beschaffen. Das Berufsfeld des Strafvollzugsbediensteten unterscheidet sich signifikant von anderen Berufsfeldern. Deshalb werden Nachwuchskräfte angehalten, sich selbst während der Probezeit zu prüfen, ob sie diese Tätigkeit dauerhaft ausüben können und wollen. Durch die Investition für die Dienstkleidung kann die von ihnen erwartete Entscheidung für oder gegen ein berufliches Engagement im Vollzug durchaus beeinflusst werden, was einem ehrlichen und ernsthaften Abwägungsprozess keineswegs zuträglich ist.

Unternehmen der Privatwirtschaft bestimmen das Erscheinungsbild des AVD

Auch der Umstand, dass Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Gründen stark an Gewicht zu- oder abnehmen, hat sofortige finanzielle Konsequenzen, die durch den monatlichen Dienstkleidungszuschuss nicht vollumfänglich ausgeglichen werden. Man denke nur an Bedienstete, die unter gesundheitlichen Einschränkungen leiden, oder an Kolleginnen, die während einer Schwangerschaft Dienstkleidung in der jeweils benötigten Größe beschaffen müssen. Dies sind alles Gründe, die aus Sicht der Betroffenen die Einrichtung einer Kleiderkammer erforderlich erscheinen lassen.

Im derzeitigen System benennt das Land eine sehr übersichtliche Anzahl an Lieferanten, von denen der einzelne Bedienstete die Dienstkleidungsstücke beziehen kann. Es entsteht ein Vertragsverhältnis zwischen dem Bediensteten und dem Lieferanten. Leider wird die von allen Liedferanten im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens bemusterte Qualität nicht immer eingehalten. Der einzelne Bedienstete hat dann das Problem, ohne fachkundig versiert zu sein, das Abweichen von der Angebotsqualität nachzuweisen und seine Rechte aus dem Kaufvertrag wahrzunehmen. Eine zentrale Beschaffung wäre daher wesentlich sinnvoller, weil auf Qualitätsabweichungen sofort reagiert werden könnte und die Bediensteten von dieser Aufgabe entlastet würden.

Qualitätsmängel sind an der Tagesordnung

Erst kürzlich hat ein Kollege des allgemeinen Vollzugsdienstes ein Polo-Shirt bei einem zugelassenen Lieferanten bestellt. Im direkten Vergleich mit einem zuvor gelieferten Polo-Shirt desselben Lieferanten konnten deutliche Unterschiede in Haptik, Knitterfreiheit sowie im Geruch und im Tragekomfort festgestellt werden. Beide Polo-Shirts wurden der Zentralstelle für das Beschaffungswesen im Justizvollzug bei der JVA Castrop-Rauxel zugeleitet und einem Labor zur Gewebeanalyse übergeben.

Das Laborergebnis ergab, dass das zuerst gelieferte Polo-Shirt noch den vom Land aufgestellten Qualitätsanforderungen entsprach. Das zweite Polo-Shirt wich von diesen Anforderungen in relevanten Punkten ab. Das Unternehmen räumte schließlich schriftlich diese Abweichungen ein und bedauerte ein Versehen.

Abstriche an der Beschaffenheit der Dienstkleidung sind ein wiederkehrendes Ärgernis

Für solcherlei Abweichungen, dies lehrt die Erfahrung, sind meist ökonomische Gründe maßgebend. Mit solchen Problemen werden Kolleginnen und Kollegen relativ häufig konfrontiert. Es erhebt sich deshalb die Frage, ob es dem einzelnen Bediensteten dauerhaft zugemutet werden kann, Qualitätsunterschiede zu identifizieren und zu beanstanden. Die betriebswirtschaftlichen Interessen des Lieferanten stellen immer wieder eine Verlockung dar, bei der Qualität aus Gründen der Gewinnmaximierung Abstriche vorzunehmen. Die Lieferanten setzen dabei darauf, dass die Kolleginnen und Kollegen die Qualitätsmängel entweder hinnehmen oder diese mangels Sachkunde nicht erkennen. Solche Mängel, die beim Vorhandensein einer zentralen Kleiderkammer vermeidbar wären, stellen für die Betroffenen immer ein großes Ärgernis dar.

Dienstkleidungsstücke sind nicht zu jeder Zeit erhältlich

Zahlreiche Rückmeldungen belegen, dass nicht zu jeder Zeit alle Dienstkleidungsstücke bestell- und lieferbar sind. Nachwuchskräfte haben berichten, dass im Herbst bestellte Winterjacken erst im folgenden Sommer ausgeliefert wurden. Einige Dienstkleidungsstücke, wie beispielsweise das Jackett, sind nach Aussage einiger Kollegen überhaupt nicht oder nur selten lieferbar und dann auch noch zu utopischen Preisen von mehr als 500 Euro je Stück.

Da drängt sich schon der Verdacht auf, dass weniger nachgefragte Kleidungsstücke bewusst teuer angeboten werden, um die Vorratswirtschaft zu begrenzen. Meist spielen betriebswirtschaftliche Gründe dann eine Rolle, wenn es um Qualitätsmängel und Lieferbarkeit der Produkte geht. Mit einer zentralen Kleiderkammer für den Justizvollzug ließen sich solcherlei nervende Probleme leicht lösen.

Eine zentrale Kleiderkammer wäre die Lösung der bestehenden Probleme

Das Land NRW strebt mit der Dienstkleidung ein einheitliches Erscheinungsbild des allgemeinen Vollzugsdienstes an. Mit dem gegenwärtigen Verfahren kann dieses Ziel allerdings nur unzureichend realisiert werden. Es ist schon bedenklich, wenn letztlich die Preisgestaltung der Lieferanten, also private Unternehmen, darüber entscheiden, wie die Außendarstellung des Vollzuges gestaltet ist. Denn es werden in der Regel jene Dienstkleidungsstück getragen und nachgefragt, die in ausreichendem Umfang bevorratet und einigermaßen kostengünstig angeboten werden.

Der Fachausschuss „Allgemeiner-Vollzugsdienst“ des BSBD NRW hält das gegenwärtige Beschaffungsverfahren allenfalls noch für eine Übergangszeit für tolerabel. Ein vernünftiges, qualitativ hochwertiges Beschaffungsverfahren sehen die Betroffenen in der Einrichtung einer zentralen Kleiderkammer, die die benötigten Dienstkleidungsstücke in gleichbleibender Qualität und unausgesetzt vorrätig hält.

Daneben hält es der Fachausschuss für geboten, eine Reinigungspauschale einzuführen. Die in den Vollzugseinrichtungen untergebrachte Klientel hat sich in den zurückliegenden Jahren unter negativen Vorzeichen verändert. Verbale Konflikte eskalieren häufiger in einer Weise, dass körperliche Gewalt angewendet werden muss. Dies führt letztlich zu einer verstärkten Verschmutzung der Dienstkleidung. Schon jetzt reicht der monatliche Dienstkleidungszuschuss längst nicht mehr aus, um die tatsächlichen Kosten zu finanzieren. Eine Reinigungspauschale sollte deshalb alternativlos sein.

Andre Schicht

Vorsitzender Fachausschuss AVD

Foto: BSBD NRW Archiv

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Von BSBD NRW

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